CHIP-INDUSTRIE im „Schweinezyklus“?

Chips sind im täglichen Leben allgegenwärtig, auch wenn man sie meist gar nicht sieht. Definitiv sind sie heute unverzichtbar und längst nicht mehr nur in Computern verbaut. Aus dem englischen Wortgebrauch abgeleitet bedeutet „Chip“ nichts weiter als „Splitter“ oder „Span“, gerade so wie bei den beliebten „Pommes Chips“. In der technischen Welt ist in der Regel ein Halbleiterplättchen gemeint, auf dem die integrierten Schaltkreise angebracht sind. Weil Halbleiter das grundlegende Material eines Chips sind, werden die beiden Begriffe synonym verwendet. So komplex die winzigen Plättchen auch aufgebaut sind, besteht deren Rohstoff – simpel ausgedrückt – aus Sand… genauer ausgedrückt aus Quarzsand, welcher das für die Mikrochip-Produktion benötigte Silizium in Form von Siliziumdioxid enthält. Die Entwicklung der dünnen Halbleiterplättchen, auch „Die“ genannt (Matrize, Stempel, Würfel, Gussform, Stanze) darf bzw. muss ab Anfang der 1970er-Jahre klar als Quantensprung der Technologie eingestuft werden; man denke nur an die vorherigen Röhren-Prozessoren, für welche ganze Räume und Schaltkästen verbaut werden mussten. Da loben wir uns doch den heutigen Mikroprozessor, den getakteten, registerbasierten und digital integrierten Schaltkreis, welcher die Binärdaten entsprechend der in seinem Arbeitsspeicher enthaltenen Anweisungen verarbeitet und in ebenso binärer Form wieder ausgibt. Neben dem Mikroprozessor gibt es weitere Prozessoren, wie z.B. Netzwerk-, Grafik- und Soundprozessoren. Grundlage für die Herstellung von Mikrochips bilden dann sogenannte Wafer, je nach Anwendungsgebiet quadratische oder kreisrunde Scheiben, die aus einem mono- oder polykristallinen Rohling gewonnen werden. Dies ein vereinfachter, kurzer Abriss zum „Chip“; um alles zu verstehen, müsste man wohl live bei einem Produktionsprozess dabei sein können.

Unser digitaler Alltag ist ohne Chips unmöglich und die gesamte Weltwirtschaft ist deshalb stark von diesem „Winzling“ abhängig. Praktisch in jedem technischen Gerät, vom Backofen über die Waschmaschine, bis hin zu den wichtigsten Chip-Trägern, z.B. den Computern, Smartphones, 5G, der künstlichen Intelligenz, Robotern, medizinische Instrumente, Internet der Dinge (IoT) und dem Elektroauto. Wie viele Halbleiter sind etwa in einem herkömmlichen Auto (Benzin oder Diesel) für den Antrieb, das Fahrverhalten, den Airbag, etc. verbaut? In einem durchschnittlichen Fahrzeug finden sich gut hundert Bauteile, die von Halbleitern „besiedelt“ sind. Die „beängstigende“ Steigerung folgt auf dem Fuss: Elektroautos benötigen angeblich (gemäss Schätzungen) zehnmal so viele Chips wie Benziner oder Diesel! Hoppla, da dürfte noch einiges auf uns bzw. die Chip-Industrie zukommen. Und deshalb sind heute und in Zukunft die Lieferketten von enormer Bedeutung. Doch die Nachfrage nach Chips ist seit Anfang 2021 so gross, dass viele Hersteller nicht mehr genügend liefern können. Hinzu kommen die unsäglichen geopolitischen Spannungen, welche gerade zwischen China und den USA zu Exportrestriktionen geführt haben. Und leider tummeln sich auf dem Chipmarkt nur sehr wenige relevante Länder… Taiwan, USA, Südkorea, Japan, China und wenige Anbieter in Europa. Trotz hohem Stellenwert von Chips und erkennbar hohem Zukunftspotenzial sind die Aktien von gewichtigen Halbleiter-Herstellern bis zu -50% abgetaucht. Dies dürfte u.a. im Zusammenhang mit dem „Schweinzyklus“ stehen: Auf ein zu grosses Angebot folgt eine Reduktion der Produktion, was wiederum zu einer Knappheit mit anschliessendem Kapazitätsaufbau führt. So hat beispielsweise INTEL – womit wir bei unserer Neu-Empfehlung angelangt sind (S. 9) – die Investitionen massiv erhöht und mit dem Bau eines Werkes in Ohio (von zwei) begonnen; parallel läuft auch der Aufbau einer grösseren Produktionsstätte in Magdeburg (BRD). Ferner wurde der israelische Chiphersteller Tower Semiconductor für USD 5.4 Mrd. gekauft. Doch geht diese Rechnung auch auf? Anlagen zur Herstellung von Halbleitern sind sehr kostenintensiv, zumal diese zwangsläufig auch auf dem neuesten Stand der Technik sein müssen. Kann INTEL damit den „Schweinezyklus“, also die Schwankung zwischen Überangebot und Knappheit, dennoch oder erst recht glätten? Wir denken, dass die Amerikaner im Allgemeinen und INTEL im Speziellen sehr vorausschauend sind; mindestens spricht allein das oben genannte Beispiel der E-Autos für massiv höhere Kapazitäten. Bei den USA kommt hinzu, dass man die Abhängigkeit von China in diversen Bereichen reduzieren will… vielleicht sogar muss. Wohl deshalb hat der US-Präsident Joe Biden eine unmissverständliche Investitions-Offensive lanciert: Washington will im Rahmen der Infrastrukturprogramme rund USD 50 Mrd. bereitstellen und den Bau neuer Halbleiterfabriken so subventionieren. Eigentlich müsste dies auch INTEL in die Karten spielen, die Meinungen gehen hier aber auseinander, zumal es den Empfängern laut Gesetz untersagt ist, in den kommenden zehn Jahren die Produktion hoch entwickelter Chips in China zu steigern. Macht dieser ewige Interventionismus tatsächlich Sinn oder sollte man nicht viel besser endlich wieder den freien Markt „spielen lassen“? Wir plädieren für letzteres und halten es eher mit dem Zitat von Ludwig Erhard: „Je freier die Wirtschaft ist, umso sozialer ist sie auch, und ein umso grösserer volkswirtschaftlicher Nutzeffekt wird erzielt werden!“

Doch zurück zur Chip-Industrie. Auch die Asiaten üben in Aktivismus, denn sie wollen im Umkehrschluss keineswegs auf den US-Markt verzichten… und so haben der weltweit grösste Chiphersteller Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) und Samsung entschieden, mit mehreren Milliarden die Kapazitäten in den USA auszubauen. Zudem bietet Indien den Unternehmen mehr als USD 1 Mrd. an, wenn sie direkt in Indien Chip-Fabriken bauen. Sie sehen, in der Chip-Industrie ist einiges in Bewegung. In der Summe soll die weltweite Chip-Industrie bereits im laufenden Jahr die Umsatzmarke von USD 500 Mrd. knacken (2015 waren es noch USD 275 Mrd.). Bis 2030 rechnet man dann sogleich mit USD 1‘000 Mrd., alle ca. 7 Jahre also eine Verdoppelung! Vorderhand verdichten sich allerdings die Anzeichen, dass die Nachfrage rückläufig ist. Schätzungen zufolge soll z.B. die weltweite PC-Produktion um -9.5% zurückgehen. Auch bei den Smartphones läuft es etwas holprig, die Rezessionstendenzen lassen grüssen…

Bleibt die Frage, wieviel von den negativen Fakten bereits in den Kursen drin ist. Wir glauben an das generelle und zukünftige Potenzial der unverzichtbaren Chip-Industrie! Ferner bevorzugen wir Käufe zu (vermeintlich) tiefen Notierungen („Abstauber“) und sehen in der Folge ein gutes „Buy and Hold-Potenzial“. Leider sind die bisherigen Positionierungen in AMS und VAT (Bericht auf Seite 2) noch einiges von einer positiven Performance entfernt; die Qualitäten überzeugen uns aber nach wie vor. Erste Fakten und Argumente zu unserer Neu-Empfehlung INTEL finden Sie sodann auf der Seite 9!

Der Schweizer Börsenbrief WIRTSCHAFTSINFORMATION

  • Alle 14 Tage 10-12 Seiten Börsentipps für Aktien, Edelmetalle und Rohstoffe
  • Gewinn, Risikobewertung pro Aktienempfehlung
  • Editorial mit Marktbeurteilung
  • Aktiv geführtes Musterportfolio
  • Börsentipps + Aktienempfehlungen verständlich formuliert
  • Werbefrei, unabhängig und objektiv
    Zur Leseprobe

Jetzt unverbindlich das Gratis-Abo testen