11 Grundsätze gegen Fehlverhalten im Anlagegeschäft
Wie heisst es so oft: „Aller Anfang ist schwer“! Aber, mit einer guten Vorbereitung, Aneignung von Basiswissen und vor allem dem Beachten einiger wichtiger Grundsätze im Anlagegeschäft, kann ein Fehlverhalten zwar nicht vollständig eliminiert, aber mindestens minimiert werden. Die Anlagerisiken sind damit nicht vom Tisch, doch auch diesbezüglich kann vorgesorgt werden. Die Faszination der verschiedenen Anlagemärkte (Aktien, Bonds, Optionen, Edelmetalle, etc.) sowie der Wunsch oder vielmehr das erklärte Ziel, Geld zu verdienen, bergen da und dort einige Stolpersteine.
Die nachstehenden Grundsätze sind primär für „Neueinsteiger“ gedacht, es empfiehlt sich aber auch für den erfahrenen Anleger, sich die täglichen „Fallgruben“ sporadisch in Erinnerung zu rufen. Financial Behaviour und psychologische Anlage-Verlockungen sind stets vorhanden.
Der einstige „Börsenguru“ André Kostolany schreibt in seinem Buch: „Wenn die Börsenspekulation leicht wäre, gäbe es keine Bergarbeiter, Holzfäller und andere Schwerarbeiter… jeder wäre Spekulant“.
In diesem Sinne lohnt es sich, die Grundsätze zu beachten. Auch wenn die Börsen oft eine eigene Dynamik entwickeln und oft auch nicht rational reagieren, haben die folgenden Grundsätze immer ihre Aussagekraft:
1. Keine Transaktion ohne Basiswissen
Selten kauft man ein Produkt, ohne sich vorher „schlau“ zu machen. Diese Eigenschaft sollte man sich gerade im Anlagegeschäft verinnerlichen. Das nötige Basiswissen können Sie sich entweder selbst via Internet in Form von fundierter Literatur oder durch einen vertrauenswürdigen Anlageberater Ihrer Hausbank beschaffen. Lassen Sie sich über folgende Faktoren aufdatieren: Fundamentaldaten des zugrundeliegenden Wertpapiers, Anlagekategorie, die gängigen Handelsregeln, Handelbarkeit des Wertpapiers, Märkte, Währung und nicht zu-letzt sollten Sie sich auch mit den Gebühren auseinandersetzen. Weitere Hilfsmittel sind Charts und historische Daten.
2. Keine Transaktion ohne Produktewissen
Die Vielfalt an Produkten ist nicht zu unterschätzen. Bei Aktien und Obligationen ist das nötige Produktewissen in der Regel vorhanden. Vorsicht ist aber geboten, wenn Sie in den Bereich von strukturierten oder derivativen Produkten (z.B. CFD’s, Optionsscheine, Futures, etc.) vorstossen möchten. Solche Produkte dürfen Sie niemals kaufen, wenn Sie diese nicht im letzten Detail verstehen… denn hier drohen hohe Risiken in Form von Totalverlusten oder auch Nachschusspflichten! Lesen Sie in den Produkt-Empfehlungen auch das „Kleingedruckte“ und lassen Sie sich von einer kompetenten Person Ihrer Hausbank beraten. Empfehlenswert ist ferner die offizielle Broschüre „Risiken im Handel mit Finanzinstrumenten“ der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg).
3. Anlagestrategie definieren
Bevor Sie mit Investments loslegen oder ein Portfolio erben, sollten Sie Ihr Risikoprofil erarbeiten und daran angelehnt eine Anlagestrategie definieren. Das Anlegen von Vermögenswerten sollte nicht zum Glücksspiel verkommen… ausser, Sie sind der geborene „Zocker“ oder eleganter ausgedrückt: Der professionelle Trader. Verfolgen Sie die Anlagestrategie über einen tendenziell längeren Zeitraum, selbst wenn zwischenzeitlich Buchverluste entstanden sind. Sie können ein Portfolio auch unterteilen, in einen Anlageteil mit längerfristiger Optik sowie einen Tradingteil mit kurzfristigem Zeithorizont. Sehr gut ist also eine Strategie… sehr schlecht ist planloses Investieren!
4. Gutgläubigkeit und Emotionen
Gefühle sind im Leben stets sehr wichtig, so manchmal auch das „Bauchgefühl“ an der Börse. Handeln Sie bei Ihren Anlageentscheidungen aber möglichst ohne Emotionen, sondern so konsequent wie möglich nach rationalen Kriterien. Lesen Sie dazu und ergänzend unsere kurze Übersicht mit den Themen „Psycho-Zyklus“ und „Anleger-Zyklus“. Emotionales Handeln ist nicht selten vom Zustand der Angst oder der Gier getrieben; „seien Sie auf der Hut“.
Auch die Gutgläubigkeit kann ein gefährlicher Ratgeber sein.
Die Märkte sind bespickt mit Gerüchten und nicht selten ist Geschriebenes oder Gehörtes erfunden und höchstens in Teilen korrekt. Es gibt die guten und die rücksichtslosen Marktteilnehmer, die Anlagestrategen und die Marktschreier. Gutgläubigkeit kann Sie Geld kosten. Prüfen Sie die Informationsquellen, wenn immer möglich, auf „Herz und Nieren“.
5. Kurzfristige Trends und Hype’s nur für Trader
Es gibt an der Börse eine weitere „Weisheit“, die besagt: „Zu-viel Hin und Her macht Taschen leer“. Es ist erwiesen, dass die Aktienmärkte langfristig eine durchschnittliche Jahresperformance von 7% bis 9% erreichen; dürfte aber auch eine Frage der jeweiligen Einstandspreise sein.
Dennoch gibt es Sie, die Marktteilnehmer, die dank kurzfristigen Trends zu Reichtum gelangt sind. Diese bilden aber die seltene Ausnahme. Selbst der gewiefte Trader braucht gewissermassen eine glückliche Hand, denn schnelle Gewinne können sich ebenso schnell wieder in Luft auflösen.
Folgen Sie deshalb nicht jedem Hype… ausser Sie können allfällige Verluste verkraften. Prüfen Sie vielmehr, ob die geplante Investition auch längerfristig gute Perspektiven hat (z.B. Branchen-Allokation, Nachhaltigkeit, Zukunftsaussichten, Produkte-/Dienstleistungs-Potenzial, etc.).
6. Keine Klumpenrisiken
Ein wesentliches Erfolgsrezept beinhaltet die Diversifikation eines Portfolios. Verfallen Sie nie dem Fehler, mit „Gewalt“ eine Position laufend zu verbilligen und damit ein Klumpenrisiko aufzubauen. Auch bei einer Erstinvestition bitte nie ein Klumpenrisiko; eine einzelne Position sollte in einem Portfolio höchstens einen Anteil von 5% erreichen, in Ausnahmefällen maximal 10%. Bei einem Verkaufsentscheid empfiehlt es sich oft, erst einmal die Hälfte der geplanten Position zu kaufen. Dieses Vorgehen ist u.a. etwas abhängig vom jeweiligen Börsentrend sowie dem Ausblick des Marktes und der zugrundeliegenden Anlageidee. Auf jeden Fall immer gut diversifizieren, und zwar nach Branchen, Ländern, Währungen, bei Bonds nach Laufzeiten, etc. Setzt man auf das „falsche Pferd“, können Klumpenrisiken fatal enden.
Eine Diversifikation kann auch passiv erfolgen, indem Sie für bestimmte Themen und Märkte Indexzertifikate in Ihr Depot legen. Eine gute Asset-Allokation ist das A und O!
7. Keine Wertpapierkäufe auf Kredit
Schon fast eine „Todsünde“. Auch wenn man glaubt, die Gewinnoptionen mit kreditfinanzieren Anlagen potenzieren zu können, muss man sich stets vor Augen halten, dass sich im schlechten Fall auch die Verluste und Schulden potenzieren. Mit kreditfinanzierten Anlagen gehen nicht selten ganze Existenzen zugrunde. Reizen Sie z.B. nie die Belehnung für Ihre Liegenschaft aus. Grundregel: Nur jenes Kapital investieren, auf welches Sie im Notfall bei einem Totalverlust verzichten können. Fairerweise muss man anfügen, dass die Qualität einer Anlage selbstverständlich ebenfalls eine grosse Rolle spielt. Es besteht ein grosser Unterschied, ob Sie Aktien von Novartis kaufen oder beispielsweise in eine Minenaktie aus einem Emerging-Market investieren. In jedem Fall nie „auf Pump“ kaufen! Kein Geld von Privatpersonen, Banken oder sonst wem für Anlagen ausleihen!
8. Verlust-Management ist ebenso ein Muss
Verluste – auch wenn es anfangs nur Buchverluste sind – führen i.d.R. zu Frustpotenzial, Strapazierung des Nervenkostüms, kurz zu unangenehmen Emotionen. Unprofessionell wird die Sache jedoch dann, wenn uns die Ignoranz ergreift und man die Verluste einfach mal verdrängt. Man will sich oft einen Fehlentscheid nicht eingestehen und hält dann, fast schon krampfhaft, an den Positionen fest. Verlust-Management ist jedoch ungleich schwieriger, als mit Gewinnen umzugehen. Dennoch ist auch die „Bewirtschaftung“ von Verlusten enorm wichtig! Eine Börsenbaisse und tiefere Notierungen bei Qualitätspapieren sollten grundsätzlich „ausgesessen“ werden, aber bei einer offensichtlichen Fehlinvestition, einer fundamentalen Verschlechterung der Anlage, wenig Aussicht auf Besserung der Gesamtkonstellation, sollte man auch die Realisierung eines Verlustes in Betracht ziehen. Man kann Abwarten und Hoffen… oder in Einzelfällen die Reissleine ziehen. Es kann in diesen Einzelfällen besser sein, den Verlust zu begrenzen. Erörtern Sie Ihre persönliche Schmerzgrenze und operieren Sie u.U. auch mit Stopp-Loss-Limiten. Realisieren Sie einen Verlust aber nicht aus emotionaler Angst, sondern primär auf fundamentalen Grundlagen und Überlegungen!
9. Kein «blindes» Vertrauen in Empfehlungen
Der Anlage-„Laie“ ist schnell geneigt, den vermeintlichen Profis Glauben und Vertrauen zu schenken. Aber denken Sie daran: „Auch die Profis kochen nur mit Wasser“. Trotzdem sind Wissen und Erfahrung der Fachleute (Anlageberater, Analysten, Ökonomen, Investment-Legenden, etc.) i.d.R. Regel gross genug, um deren Empfehlungen, Tipps, Beratungen für bare Münze zu nehmen. Vertrauen ist gut, Kontrolle bekanntlich aber besser! Informieren Sie sich über Empfehlungen, suchen Sie nach guten Investment-Studien und prüfen Sie bei nicht renommierten Quellen die Hintergründe. Gefährlich wird es vor allem dann, wenn exorbitante Renditen versprochen werden; in diesem Fall müssen umgehend die Alarmglocken läuten! Es gibt wie überall die „Guten“ und die „Schlechten“. Runden Sie Ihr Bild ab, bevor Sie eine Empfehlung umsetzen!
10. Kein „blindes“ Vertrauen in „Anbieter“
Die Börsenwelt ist voll von „Teilnehmern“. Überall tummeln sich Anleger, Spekulanten, Analysten, Banken, Börsenbriefe, Anlageberater, Vermögensverwalter und viele andere mehr. Auch Online-Plattformen sind heutzutage breitgestreut. Achten Sie unbedingt auf das Renommée der Anbieter. Machen Sie auf jeden Fall auch Preisvergleiche; Courtagen, Depotgebühren, Fremdwährungstransaktionen und sonstige Gebühren können grosse Abweichungen aufweisen. Dieser Vergleich ist allerdings nicht gleichbedeutend damit, dass Sie den „günstigsten“ Anbieter wählen sollen. Qualität, Sicherheit (auch die IT-Plattform als solches) und das eben genannte Renommée sind zu beachten.
Schauen Sie ferner auch Ihrem Bankberater oder Vermögensverwalter etwas „auf die Finger“. Sollte Ihnen auffallen, dass dieser ausschliesslich oder hauptsächlich bankeigene Produkte in Ihr Depot legen will bzw. bei Vermögensverwaltungsmandaten in Ihr Depot legt, sollten Sie intervenieren. Auch hier muss das Augenmerk auf Diversifikation gelegt werden. Vor allem bei Fondsanlagen wird oft festgestellt, dass primär bankeigene/hauseigene Produkte empfohlen werden. Nicht dass diese per se schlecht wären, im Gegenteil, aber es müssen – wie unter Punkt 6. erwähnt – Klumpenrisiken vermieden werden… und dazu gehört auch die einseitige Konzentration auf Produkte eines einzigen Anbieters.
Aus Erfahrung dürfen wir festhalten, dass doch eine grössere Zahl von Anbietern diesen Fehler selbst erkannt haben und die Portfolios, gerade in Bezug auf Fondsanlagen, in jeglicher Hinsicht breit diversifizieren… so wie es im Sinne der Anleger sein muss!
11. Suchtgefahr mahnt zu Aufmerksamkeit
Die Börse bzw. die handelnde Masse von Menschen sind oft von Emotionen und ureigenen, psychologischen Momenten getrieben. Dies ist nie zu vermeiden, man kann sich den einzelnen Schwachstellen aber annähern, um diese möglichst zu vermeiden. Lesen Sie dazu unser separates Factsheet mit dem Thema „Financial Behaviour“.
Die Börse lockt täglich oder in volatilen Phasen sogar von Minute zu Minute mit (hohen) Gewinnen. Oft setzt man sich unbewusst dem Druck aus, etwas zu verpassen, was schnell zu Fehlentscheiden bzw. Fehlinvestitionen führen kann. Wenn man krampfhaft, ohne Nachdenken und ohne eine gewisse Analyse nach Kaufgelegenheiten sucht, kann dies schnell zum finanziellen Absturz führen. Handeln Sie wenn möglich nicht im Übereifer oder unter unnötigen, emotional aufgebauten Sachzwängen! Zu schnell lässt man sich an der Börse oft durch die Tagesschwankungen in die Irre führen. Selbstverständlich gibt es (Anlage-)Entscheidungen die schnell getroffen werden sollten/müssen, aber zuvor sollte das Anlageobjekt bereits im Fokus gewesen sein.
Und die Sucht gereicht in allen Lebenslagen zum Nachteil… so auch an der Börse! Hinterfragen Sie sporadisch Ihr Handeln und den zugrundenliegenden Antrieb.
Wir hoffen, dass wir mit den vorliegenden, wesentlichsten Grundsätzen beitragen können, dass Sie nicht in die überall „lauernden Fallgruben“ fallen. Nichts ist absolut sicher, aber man kann aufmerksam ein Auge auf die Unsicherheiten werfen.
Viel Erfolg bei Ihren täglichen Entscheidungen.
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